Tweetorial: CVVHD und Azidoseausgleich auf der Intensivstation

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In unserem ersten Tweetorial betrachten wir, wie effektiv eine kontinuierliche venovenöse Hämodialyse (CVVHD) darin ist eine metabolische Azidose auszugleichen. Falls ihr auf einer Intensivstation mit CVVHDs arbeitet, unbedingt weiterlesen!

Wir setzen hier einiges an Wissen voraus, falls Ihr mehr zu den Basics der Dialyse auf der Intensivstation wissen wollt, schaut mal hier vorbei. Unsere Beispielpatientin ist beamtet, hat einen schweren Schock und eine metabolische Azidose (pH 7.05; Bicarbonat 10 mmol/L; pCO2 42mmHg). Zum Azidoseausgleich schließen die Patientin zunächst an eine citratfreie CVVHD mit MultiBic als Dialysat an. Später im Thread das gleiche Beispiel mit einer Citrat Dialyse.

Citratfreie CVVHD (MultiBic):

Die MultiBic CVVHD läuft mit einem Blutfluss von 150ml/min & Dialysatfluss 2000ml/h (Standardeinstellungen bei uns). Schauen wir uns nun konkret an, wie die Dialyse die metabolische Azidose ausgleicht:

Jede Form der Dialyse erreicht den Azidoseausgleich über eine Zufuhr von Bikarbonat (=HCO3-) ins Blut. Im MultiBic Dialysat liegt die Konzentration von HCO3- bei 35mmol/L. Damit besteht bei der Patientin zwischen Blut (10mmol/L) & Dialysat (35mmol/L) ein Konzentrationsgradient von 25mmol/L. Dieser Konzentrationsgradient sorgt dafür, dass Bikarbonat aus dem Dialysat ins Blut diffundiert und ist die treibende Kraft des Azidoseausgleichs. Es kann nur so viel Bikarbonat dabei herüberdiffundieren, wie im umgesetzten Dialysat insgesamt vorhanden ist. Bei einem Dialysatfluss von 2L/h können also maximal 50mmol HCO3- dem Blut zugeführt werden (Der Konzentrationsgradient (=25 mmol/L) multipliziert mit dem Dialysatumsatz pro Stunde (=2L)). MultiBic CVVHD ist also nichts anderes als eine kontiniuierliche HCO3- Infusion.

Zum Vergleich 100ml 8.4% NaBic (=eine Flasche) enthalten bereits 100mmol HCO3- und können als Kurzinfusion gegeben werden! Dafür müsste man 2h dialysieren! Hier zeigt sich schon, dass eine CVVHD nicht geeignet ist um eine metabolische Azidose schnell zu korrigieren. Die BICAR-ICU Studie (https://www.thebottomline.org.uk/summaries/icm/bicar-icu/) hat übrigens gezeigt, dass der Einsatz von Bikarbonat bei metabolischer Azidose die Häufigkeit von Nierenersatzverfahren bei kritisch kranken Patient:innen deutlich reduzieren kann.

Ganz anders ist es übrigens bei der intermittierendes Hämodialyse. Bei der intermittierendes Dialyse hat man leicht Dialysatflüsse von 30-40L/h (i.d.R. 600ml/min -> 36L/h). Bei der CVVHD ist der Dialysatfluss im Vergleich zu einer intermittierenden Dialysat also relativ gering. Entsprechend lässt sich mit der intermittierenden Dialyse massiv mehr Bikarbonat pro Zeiteinheit dem/der Patient:in zuführen. Der niedrige Dialysatfluss der CVVHD erklärt übrigens auch, warum dieses Verfahren nicht so gut ist um eine Hyperkaliämie schnell auszugleichen!

Citrat CVVHD

Bei der Citratdialyse ist das deutlich komplizierter, da das Dialysat selbst nur 20mmol/L HCO3 enthält und ein großer Teil des HCO3 indirekt über die Metabolisierung des Citrats zugeführt werden. Der Körper metabolisiert nämlich jedes Mol Citrat zu 3 Mol HCO3-.

Bei einem Blutfluss von 100ml/min (= 6L Blut pro Stunde) und der standard Citratzufuhr von 4mmol/L Blut, werden dem Patienten damit pro Stunde 24mmol Citrat (6 * 4) zugeführt. Würde das Citrat vollständig zu HCO3- metabolisiert, entspräche das also 72mmol HCO3- (3x 24mmol) .

Allerdings geht ein Teil des Citrats im Filter direkt in das Dialysat über und gelangt gar nicht erst in den Körper. Reminder: Denn Citrat wird präfilter dem Schlauchsystem zugeführt! Bei der Citratdialyse lässt sich also nicht so einfach berechnen, wie viel HCO3 zugeführt wird.

Um die Menge an zugeführtem HCO3 zu erhöhen, müsste man hier also den Blutfluss erhöhen. Über den erhöhten Blutfluss wird dann mehr Citrat zugeführt, welches zu HCO3- verstoffwechselt wird. Alternativ kann man den Dialysatfluss relativ zum Blutfluss reduzieren. Dadurch geht weniger Citrat ins Dialysat verloren und verbleibt im Körper.

Gleichzeitig bedeutet eine höhere Citratzufuhr jedoch ein höheres Risiko für eine Hypocalcämie (-> Citrat bindet Calcium). Außerdem muss Citrat auch erst zu HCO3 metabolisiert werden (Dies ist nicht immer möglich: Stichwort Citratakkumulation). Außerdem besteht die Gefahr, dass die Dialyse unterdosiert läuft (empfohlen werden mindestens 20-25ml/kg/h an Dialysatumsatz).

Hier eine Abbildung von Morgera et al. (Critical care Medicine 2009), die zeigt, wie lange die Citrat CVVHD braucht um den Base Excess anzuheben.

Es braucht mindstens 24h um den Baseexcess um 4 mmol/L zu verändern. Nochmal der Reminder: 100ml 8.4% NaBic enthalten bereits 100mmol HCO3 und können als Kurzinfusion geben werden

Take home messages:

  • Jede Form der Dialyse erreicht den Azidoseausgleich über eine Zufuhr von Bikarbonat (=HCO3-) ins Blut
  • Die Effektivität von CVVHD (auch MultiBic) im pH-Ausgleich wird überschätzt. 100ml 8.4% NaBic haben mindestens den gleichen Effekt auf den pH, wie 2 Stunden CVVHD mit citratfreiem MultiBic Dialysat.
  • Citrat CVVHD ist vergleichsweise wenig effizient im Ausgleichen einer metabolischen Azidose, da HCO3- vor allem indirekt über die Metabolisierung des Citrats zugeführt wird.
  • Statt den Blutfluss oder Dialysatfluss an der Citrat CVVHD anzupassen, sollte man direkt i.v. NaBic geben (oder zur MultiBic wechseln). Dies ist schneller und hat weniger unerwünschte Nebeneffekte.

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