CiCa, CVVHD, CVVHDF, multiFiltrate, Genius,… ein Dschungel aus Abkürzungen, der für Nichteingeweihte wie eine Fremdsprache erscheinen mag.
Selbst für erfahrene Mediziner*innen bleibt die Dialyse bisweilen eine Black Box. Zugegebenermaßen ist sie auch nicht für jede*n von uns gleichermaßen relevant. Spätestens aber, wenn eine Rotation auf die Intensivstation ansteht, wird man mit dem Thema Dialyse in Kontakt kommen, denn hier ist sie nun mal gang und gäbe.
Grundprinzip Dialyse
Egal ob auf Intensivstation oder in der Dialysepraxis, das Prinzip der Dialyse ist grundsätzlich gleich: über Diffusion, Osmose und Konvektion an einer semipermeablen Membran wird Patient*innenblut von harnpflichtigen Substanzen gereinigt. Dient das Peritoneum als besagte semipermeable Membran spricht man von Peritonealdialyse (kurz: PD, umgangssprachlich auch Bauchfelldialyse). Findet die Blutbehandlung jedoch extrakorporal, und zwar über einen Filter – bestehend aus vielen tausend Hohlfasern – statt, spricht man von Hämaodialyse (HD).
Die Hämofiltration (HF) unterscheidet sich grundlegend von der Hämodialyse, da hier nur das Prinzip der Konvektion zu Grunde liegt. Es wird also keine Dialysierflüssigkeit (und ein Konzentrationsgefälle) genutzt wie etwa bei der Hämodialyse, sondern die zu entfernenden Partikel werden durch einen druckgetriebenen Flüssigkeitsfluss über den Filter „mitgezogen“. Das in diesem Prozess entfernte Volumen kann während des Verfahrens durch Elektrolytlösungen oder andere Austauschlösungen (z.B Frischplasmen oder Human-Albumin) ersetzt werden. Erfolgt kein Ersatz, wird dem Patienten also effektiv nur Volumen (und die darin befindlichen membranpassierbaren Teilchen) entzogen (= Ultrafiltration).
Eine Kombination aus Dialyse und Filtration heißt entsprechend Hämodiafiltration (HDF).
Unterschiede zwischen Hämodialyse auf Intensivstation vs. Dialysepraxis
- Dialyseeffektivität
Ein entscheidender Faktor dafür, wie effektiv dialysiert wird, ist die Menge an sauberer Dialysierflüssigkeit, die zur Verfügung steht. Die Geschwindigkeit, mit der die Dialysierflüssigkeit am zu reinigenden Blut vorbeigeführt wird, nennt man Dialysatfluss (DF).
Und hier beginnt auch schon die Krux auf der Intensivstation: im Gegensatz zu unserer Dialysepraxis oder -Station besitzt die Intensivstation keine Zu- und Abwasserleitungen, die das speziell aufgereinigte Wasser, was für die Dialysebehandlung aber notwendig ist, bereitstellt. Damit wir also nicht gänzlich auf Dialysen verzichten müssen, findet sich folgende Kompromisslösung: auf den Dialysemaschinen für die Intensivstationen (bei uns z.B. die sogenannte „multiFiltrate“ von Fresenius Medical Care) werden mehrere Beutel mit Dialysierflüssigkeit angebracht. Sind diese aufgebraucht gibt die Maschine ein Signal und die Beutel können ausgetauscht werden. Dies verdeutlicht aber schon, dass es hier einen deutlichen Unterschied in der Menge an Dialysierflüssigkeit und damit Dialyseeffektivität gibt. Wir dialysieren auf Intensivstation also weniger gut bzw. weniger effektiv. Um das Ganze ein bisschen ins Verhältnis zu setzen:
Bei einer „normalen“ also reguläre Dialyse mit einem Dialysatfluss von bspw. 500ml/min (also 30 Liter pro Stunde) ergibt sich bei einer Dialysedauer von 4h ein Umsatz von 120l. Das ist ganz schön viel und verdeutlicht, warum Dialysepatient*innen auch ohne renale Restfunktion in der Regel nur 3 Mal pro Woche für eine Zeit von 3-5h zur Dialyse kommen müssen (Ausnahmen gibt es natürlich immer).
Gucken wir uns nun die Dialysegeräte auf der Intensivstation an, wird schnell klar, dass ein Mithalten kaum möglich ist: Hier bewegt sich unser Dialysatfluss in einer Spannbreite von 1,8l bis 2,4l pro STUNDE. Theoretisch sind Maximalwerte von ca. 4l/h einstellbar. Aber selbst beim Ausreizen der Möglichkeiten ist die Diskrepanz nicht abzustreiten: 30l pro Stunde ist einfach deutlich mehr als 4l pro Stunde. Würden wir mit der weniger effektiven Dialyse auf Intensivstation nun eine Dialysedauer von 4h ins Auge fassen, entspräche das nicht mal einem Siebtel der Dialyseeffektivität der regulären Dialyse. Das hat zur Folge, dass Dialysen hier häufig als CVVHD, also kontinuierliche venö-venöse Hämodialysen (continuous veno-venous hemodialysis), eingesetzt werden. Durch das kontinuierliche Verfahren (umgangsprachlich „Konti“ oder „Conti“) wird die geringere Effektivität kompensiert. Gleichzeitig kann es aus hämodynamischer Sicht (Noradrenalinbedarf? Massive Volumenexpansion?) sinnvoll oder notwendig sein, ein kontinuierliches einem intermittierenden Verfahren (iHD) vorzuziehen. Auch eine mehrfach antiinfektive Therapie kann ein Grund sein, ein „Konti“ Verfahren einer iHD vorzuziehen, da hier Medikamentenspiegel leichter konstant gehalten werden können.
- Dialysezugang
Während die meisten chronischen Dialysepatient*innen über einen Shunt bzw. Fistel dialysiert werden (chirurgisch angelegter Kurzschluss zwischen einer Arterie und Vene, meistens der A. radialis mit der V. cephalica -> Cimino-Shunt), erfolgt die Dialyse auf der Intensivstation i.d.R. über einen Akutdialysekatheter (sog. Shaldon-Katheter). Dieser ähnelt einem ZVK (Lage für gewöhnlich auch in der Vena jugularis interna, seltener V. femoralis oder V. subclavia), ist jedoch großlumiger. Zum Vergleich: je nach Durchmesser und Länge erreicht man bei einem ZVK eine maximale Durchflussrate von 80-90ml/min (häufig um die 50ml/min). Bei einem Shaldon-Katheter sind es hingegen 300-400ml/min. Dies verdeutlicht, dass eine effektive Dialyse besser bzw. nur über einen Shaldon-Katheter zu erreichen ist.
Vorteil eines Shaldon-Katheters ist, dass er schnell gelegt und sofort (nach radiologischer Lagekontrolle) einsatzbereit ist. Er sollte jedoch aufgrund des mit der Zeit steigenden Infektionsrisikos nicht länger als ca. 2 Wochen belassen werden (bei Lage in der V. femoralis eher kürzer). Bei steigenden Entzündungswerten und unklarem Fokus kann ein frühzeitiges Entfernen und Neuanlage nötig werden.
Ein Dialyseshunt hingegen erfordert eine chirurgische Intervention sowie das mehrwöchige „Ausreifen“ des Shunts (die Vene muss sich an die höheren Druckverhältnisse des arteriellen Blutflusses gewöhnen). Dass hierfür auf Intensivstation keine Zeit bleibt, ist klar. Nun könnte man natürlich zu Recht fragen, wie mit einer chronischen Dialysepatientin verfahren wird, die auf die Intensivstation verlegt wird. Könnte man nun nicht den schon bestehenden Shunt benutzen? Die Antwort lautet: kommt drauf an. Bei einer wachen, adäquaten Patientin ist das durchaus denkbar, dann aber als iHD. Eine solche intermittierende Dialyse auf Intensivstationen kann dann entweder mit den oben genannten Dialysemaschinen (z.B. multiFiltrate mit Beuteln, die gewechselt werden müssen) über einen hohen Dialysatfluss (4l/h) realisiert werden. Es kann auch die sogenannte Batch-Dialyse (Genius-System® der Firma Fresenius) eingesetzt werden. Dies ist eine mobile Dialysemaschine mit einem Dialysat-Tank von 92 Litern, der steril an einer Füllstation befüllt und dann zur Dialyse benutzt werden kann.
Wie man bei den intubiert-beatmeten Patient*innen vorgeht, ist dann häufig von Haus zu Haus unterschiedlich: einige bevorzugen auch hier iHD über den Shunt, andere wählen ein Konti-Verfahren über einen Shaldon. Für letztere Option könnte man anführen, dass das Risiko einer Nadeldislokation nicht besteht, dafür ermöglicht eine iHD die Mobilisation zwischen den Dialysen.
- Antikoagulation
Bei der Dialyse kommt das Patient*innenblut in Kontakt mit Fremdmaterial, also dem Schlauchsystem der Dialysemaschine sowie dem Dialysefilter (Kapillare, „Kappi“). Damit es nicht zur Gerinnungsaktivierung kommt und das Blut clottet, wird für gewöhnlich unfraktioniertes Heparin oder Niedermolekulare Heparine zugegeben.
Zum Erzielen eines clottingfreien Verfahrens ist während der Dialyse eine systemische Antikoagulation nötig. Ein Teil des Heparins und der niedermolekularen Heparine wird allerdings durch die Dialyse und Adsorption an der Membran entfernt. Durch eine Heparin-Bolusgabe nur zu Beginn des Verfahrens oder ein Beenden der Antikoagulation 30-60 Minuten vor Ende der Dialyse kann das Blutungsrisiko minimiert werden.
Unser Klientel auf Intensivstation blutet aber vielleicht gerade, benötigt eine Notfall-Operation oder eine andere Intervention… Nicht die günstigste Voraussetzung, um auch noch Heparin zu geben.
Dieses Problem wurde recht elegant gelöst, indem man ein regionale Antikoagulation mit Citrat entwickelt hat. Prinzip ist folgendes: dem zu reinigenden Blut wird direkt nach Hinausleiten aus dem Körper (also am arteriellen Schenkel des Schlauchsystems) Natrium-Citrat zugeführt. Citrat bindet Calcium-Ionen, die von einigen Faktoren der Gerinnungskaskade benötigt werden. Auf diese Weise kann das Blut ohne zu clotten dialysiert werden. Wichtig zu wissen ist, dass die Dialysierflüssigkeit aus diesem Grund calciumfrei oder calciumarm sein sollte. Damit wir unseren Patient*innen beim Zuführen des dialysierten (und sehr calciumarmen) Blutes nicht in eine ordentliche Hypocalcämie versetzen, wird dem Blut direkt vor der Rückführung (also am venösen Schenkel des Schlauchsystems) wieder Calcium zugeführt. Um zu Monitoren, ob das Citrat seine antikoagulatorische Rolle auch erfüllt und die Calcium-Ionen abfängt, misst man während der Dialyse die Konzentration des (gewollt niedrigen) Calciums im extrakorporalen Kreislauf. Da diese Messung für gewöhnlich hinter dem Filter abgenommen wird, spricht man auch vom „Postfilter-Calcium“. Zur Erinnerung: hier wurde noch nicht wieder Calcium zugeführt, sodass wir niedrige Werte erwarten (Ziel: Postfilter-Ca2+i [0,25-0,34]). Bei einer BGA mit derart niedrigen Werten für ionisiertes Calcium sollte man also im Hinterkopf behalten, dass es sich – zumindest sofern eine Citrat-Dialyse läuft – um eine Postfilter-Calcium Messung handeln könnte!
Für Calcium wie auch Citrat sind Zielbereiche definiert worden, die bei Einhalten ein stabiles Dialyseverfahren ermöglichen sollten. Die benötigte Calcium- und Citratdosis zum Erreichen der Zielbereiche schwankt von Patientin zu Patient und wird u.a. von Begleiterkrankungen bestimmt. Nach dieser Erläuterung wird auch der Spitzname „CiCa“ verständlicher: Citrat-Calcium (-Dialyse).
Übersicht über die einzustellenden Flüsse bei der Citrat-Dialyse:
–Citratfluss: Steuerung über das Postfilter-Calcium. Ist das Postfilter-Calcium zu hoch, muss entsprechend die Citratdosis erhöht werden.
Memo: Citrat wird im Körper zu HCO3– verstoffwechselt, 1 mmol Citrat zu 3 mmol HCO3; Citrat-Zufuhr kann also eine Alkalose begünstigen
–Calciumfluss: Steuerung über das ionisierte Calcium, Ziel systemisches Ca2+i [1,12-1,20]
–Dialysatfluss: Quasi die „Dialysedosis“, Standardeinstellungen sind bspw. 1600ml/h, 2000ml/h, 2400ml/h (max. 4200ml/h). Grundsätzlich sollte für ITS Patient*innen eine 24-h-Dialyse-Dosis von 20-25 ml Dialysierflüssigkeit/kg und h angepeilt werden (bei 75 kg also 2000ml/h bei kontinuierlicher Dialyse oder 20-40 l Umsatz bei intermittierender Dialyse). Eine Erhöhung des DF bei der Citratdialyse führt zu einer Senkung des Bikarbonats, da der HCO3–-Gehalt der Dialysierflüssigkeit hier recht niedrig (z.B. nur 20mmol/l) ist. Hierdurch wird dem zusätzlichen „Alkalose-Effekt“ des zugeführten Citrates Rechnung getragen (Verstoffwechselung von Citrat -> Bikarbonat).
Die „klassische“ Dialyselösung, welche maximal gut eine Azidose korrigieren soll, enthält hingegen um die 35mmol/l HCO3–.
Memo: Bei der CiCa heißt mehr DF bei gleichem Citratfluss also mehr Dialyse gegen ein relativ niedriges Bikarbonat. Senkung des DF bei gleichem Citratfluss führt entsprechend zu einer Steigerung des Bikarbonats über die Citrat-Wirkung.
–Blutfluss: beschreibt die Geschwindigkeit, mit der das Blut (durch die Blutpumpe) über die Kappi an der Dialysierflüssigkeit vorbeigeführt wird. Bei der kontinuierlichen Dialyse reicht ein Blutfluss von 100 ml/min i.d.R. für eine Dialyse aus.
Memo: Je höher der Blutfluss, desto effektiver der Stoffaustausch an der Membran.
Bei Intermittierender Dialyse sollte ein Blutfluss von 150 -300 ml/min (je nach Hergabe durch Katheter oder Shunt) umgesetzt werden. Je niedriger der Blutfluss, desto weniger effektiv die Dialyse und desto höher das Clotting-Risiko. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass DF und BF bei der kontinuierlichen Citratdialyse für gewöhnlich in einem festen numerischen Verhältnis von ca 1:20 gewählt werden.
Bsp: BF von 100ml/min x20 -> DF von 2000ml/h (es ist also kein „echtes“ 1:20 Verhältnis, da die Einheiten nicht angepasst wurden. Vereinfachend erlaubt es jedoch die schnelle Zuordnung eines Blutflusses von 100ml/min zu einem Dialysatfluss von 2000ml/h).
Citrat- und Blutfluss sollten bei der Citratdialyse gekoppelt sein. Zur stabilen regionalen Antikoagulation muss meist ein Citratdosis von 4-5 mmol Citrat/l Blutfluss gewählt werden (Memo: werft einen Blick auf die Citrat-Beutel, denn es gibt verschieden Konzentrationen auf dem Markt). Je höher der Blutfluss, desto höher ist auch die Citratzufuhr. Da Citrat in der Leber zu Bikarbonat verstoffwechselt wird, führt eine Steigerung des BF also auch zu einer erhöhten Bikarbonat-Konzentration im Blut. Senkung des BF hat eine niedrigere Bikarbonat-Konzentration zur Folge.
–Ultrafiltration: Flüssigkeitsentzug während der Dialyse (durch hydrostatische Druckdifferenz); die Ultrafiltrationsrate wird in [ml/min] oder [ml/h] angegeben. Eine zu hohe Rate kann zu hämodynamischer Instabilität beitragen (-> erhöhter Noradrenalinbedarf!)
Warum ist das alles wichtig? Über Veränderung der Flüsse lässt sich mit der Dialyse gezielt Einfluss auf den Säure-Base-Haushalt der Patient*innen nehmen (über die Steuerung der Bikarbonat-Konzentration).
Mögliche Standardeinstellungen zu Beginn einer CiCa-CVVHD:
Variante 1 | Variante 2 | Variante 3 | |
Patient*innengewicht | <60kg | 60-90kg | >90kg |
Blutfluss [ml/min] | 80 | 100 | 120 |
Dialysatfluss [ml/h] | 1.600 | 2.000 | 2.400 |
Citrat-Dosis [mmol/l Blutfluss ] | 4,0 | 4,0 | 4,0 |
Calcium-Dosis [mmol/l Ultrafiltrat] | 1,7 | 1,7 | 1,7 |
Besondere Situationen
Clotting
Trotz der Antikoagulation mit Citrat kann es zum Clotting des Filters kommen. Dies kann bedingt sein durch (Begleit-)Erkrankungen mit erhöhtem thromboembolischen Risiko, bei (unerkannter) HIT II sowie erhöhten Fibrinogen oder Lipidleveln im Blut. Laborchemische Hinweise auf Clotting sind ein Anstieg des Natriums einerseits (dieses wird weniger gut vom Filter entfernt und gelangt infolgedessen in höheren Dosen in das Patientenblut) sowie ein Anstieg des Bikarbonats andererseits. Auch eine Hypercalcämie bzw. ein verringerter Calcium-Substitutionsbedarf kann wegweisend sein. Grund: Es verbleiben mehr Calcium-Citratkomplexe im Blut -> Citrat wird zu Bikarbonat verstoffwechselt -> Bikarbonat steigt an, Calcium wird dabei aus dem Komplex freigegeben, Calcium im Blut steigt an.
Bei dem ernsthaften Verdacht auf Filterclotting, sollte dieser umgehend gewechselt werden. Bei nur leicht ansteigendem Bikarbonat als möglicher Hinweis, kann zunächst der DF erhöht werden, um das Bikarbonat zu senken und ein Clotting unwahrscheinlicher zu machen.
Citratakkumulation
Die Wirkung des Citrats beschränkt sich – zumindest in der Theorie – ausschließlich auf den extrakorporalen Kreislauf. Das stimmt natürlich nicht so ganz… Ein bisschen Citrat kommt auch systemisch an. Dieses Citrat wird im Körper (genauer: der Leber) über den Citratzyklus zu Bikarbonat verstoffwechselt. Findet dieser Schritt nicht oder in nicht ausreichendem Maße statt, kann es zu einer Akkumulation von Citrat kommen.
Klinische Hinweise sind ein Abfall des systemischen ionisierten Calciums (mehr Citrat bindet auch mehr ionisiertes Calcium, welches bei fehlender Verstoffwechselung nicht wieder aus dem Komplex freigegeben wird); es resultiert eine konsekutiv erhöhte Calciumsubstitution. Es zeigt sich zudem ein erhöhtes systemisches Gesamtcalcium, da die Calciumcitratkomplexe bei der Laborbestimmung des Gesamtcalciums mitgemessen werden, nicht aber bei der Bestimmung des ionisierten Calciums. Als gutes Hilfsmittel zur Detektion einer Citratakkumulation hat sich die Berechnung des Quotienten aus Gesamtcalcium und ionisiertem Calcium erwiesen. Ist dieser >2,25 ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Citratakkumualtion groß.
Darüber hinaus führt die verminderte Verstoffwechselung von Citrat zu Bikarbonat zu einer effektiven Zufuhr von Zitronen-Säure-Äquivalent. Dies führt zu einer metabolischen Azidose mit Abfall des Bikarbonats.
Ein erhöhtes Risiko für eine Citratakkumulation findet sich bspw. bei:
- Paracetamol-Intoxikation
- Laktatazidose (z.B. bei Sepsis, Herzversagen oder unter Metformin)
- Stark reduzierter paO2
Die theoretische Überlegung, dass Patient*innen mit Leberinsuffizienz v.a. Citrat akkumulieren müssten, hat sich in Studie so nicht bestätigt, sodass eine verschlechterte Leberfunktion zunächst keine Kontraindikation für eine Citratdialyse darstellt.
Memo: Vorsicht beim Einsatz von Dialyseverfahren bei schweren Natriumabweichungen. Hier ist zu bedenken:
- Natrium-Belastung durch die CiCa bei Natrium-Citrat-Lösung als Citrat-Antikogakulation
- Natriumentfernung durch Ultrafiltration
- Natriumsteigerung durch Exsikkose
- Natriumabfall durch z.B. Urämie und Hyperglykämie
- Unterschied zwischen Serum- und Dialysatnatrium: > 5-8 mmol/l -> Gefahr einer Kreislauf- und Volumeninstabilisierung
Weitere zu bedenkende Einsatzmöglichkeiten von Dialyse-Verfahren auf der ITS neben der Nierenersatztherapie:
- Bei Vergiftungen (ist das Toxikum durch Dialyse/Filtration/Adsorption am Adsorber entfernbar?)
- Bei schweren Elektrolytentgleisungen (z.B. einer Hypercalcämie)
Dieser Artikel wurde reviewed von Priv.-Doz. Dr. med. Susanne Kron (Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin)